Es herrschen sehr milde, spätherbstliche Tage. Ideale Voraussetzungen, um Pioniere in ihrem Handwerk auszubilden. Ein Handwerk, das der erfahrende Stabsunteroffizier Cecil von der Pike auf beherrscht. Die Fahrschüler des Betriebsberechtigungsschein „Schlauchboot mit Außenbordantrieb“, vergleichbar dem zivilen Sportbootführerschein für Binnenstraßengewässer, lassen die Sturmboote zu Wasser. Die Motoren gluckern leise vor sich hin. Der routinierte Binnenschiffführer Cecil geht an Bord. Es geht hinaus auf den Rhein.
Oberstrom und Unterstrom frei. Fertig zum Ablegen. Die Schüler müssen wichtige Fahrmanöver und das „Wasser lesen“ lernen. Getreu dem Motto „aus der Praxis für die Praxis“ können sie dabei von dem großen Erfahrungsschatz des altgedienten Stabsunteroffiziers profitieren.
Mehr als 45 Jahre im Dienstgrad Stabsunteroffizier
Erfahrungen, die nicht von ungefähr kommen. Am 01. Oktober 1973 ist für den damals 17-jährigen Heinz Cecil in Landsberg am Lech in der Lechrain Kaserne Dienstantritt bei der Bundeswehr. Als Rekrut erhält er dort die Richt- und Ladeschützenausbildung auf dem Kanonenjagdpanzer.
Es folgt am 23.12.1973 die Versetzung in die 4. Kompanie des Gebirgspanzerjägerbataillon 234 nach Pocking. Im Zuge der zivilberuflichen Orientierung verpflichtet sich Cecil für vier Jahre in der Laufbahn der Unteroffiziere als Zeitsoldat.
Nach der Ernennung zum Gefreiten Unteroffizieranwärter am 01.04.1974 folgt der laufbahnrelevante Unteroffizierlehrgang an der Kampftruppenschule II/III in Munster.
Angekommen in der Dienstgradgruppe der Unteroffiziere wird der junge militärische Führer am 01.10.1974 zum Panzerjägerunteroffizier (PzJgUffz) befördert. Es folgen weitere militärische und zivile Lehrgänge und Qualifikationen. Vor 45 Jahren erhält Cecil mit der Ernennung zum Stabsunteroffizier am 22.10.1975 seinen bis heute geführten Dienstgrad.
Das Zivilleben und der treue Dienst als Reservist
Für den Stabsunteroffizier endet am 30.09.1977, während des RAF-Terrors, der als sogenannter Deutscher Herbst seinen Eingang in die Geschichtsbücher fand, seine aktive Wehrdienstzeit. Das zivilberufliche Leben beginnt und damit verlagern sich auch die persönlichen Schwerpunkte. Erst ab 1993 schlüpft Cecil wieder in die Uniform und tritt seinen Dienst in der freiwilligen Reserve an.
Zu diesem Zeitpunkt hatte er bereits privat die Fallschirmsprunglizenz sowie den österreichischen Segelschein erworben. Doch damit sollte es mit großen Herausforderungen noch nicht genug sein. In den Jahren von 1993 bis 1994 absolviert er in 43 Tagen als Reservist im Rahmen unentgeltlicher, dienstlicher Veranstaltungen die Hochwertausbildung zum Scharfschützen.
In den Folgejahren leistet der gestandene Stabsunteroffizier seine Dienste, bis zu dessen Auflösung im Jahre 2009, im nichtaktiven Pionierbataillon 761 und ab dann bis heute im Pionierbataillon 905. Dabei festigt sich sein pioniertechnisches Wissen bei unzähligen Übungsvorhaben im Bereich der Gewässerausbildung, Brücken- und Fährenbau sowie Errichtung des Schwimmstegs.
Der Sprung in die Feldwebellaufbahn ist für Cecil aus beruflichen und persönlichen Zeitgründen stets kein Thema. Doch den Verantwortungsbereich, in dem er sich über viele Jahre bewegt, entspricht genau dieser Qualifikation. So ist es nicht verwunderlich, dass er auch an computergestützten SIRA-Ausbildungen zur Taktikweiterbildung in Dresden regelmäßig teilnimmt. Dort hat er öfters die Möglichkeiten, sich im Dialog mit ranghohen Militärs über die Entwicklung der Bundeswehr auszutauschen. General Podzus und Oberst Holthusen bleiben ihm da besonders in Erinnerung.
Kameradschaft pflegen unabhängig von Rang und Herkunft
Die Aufgabenverteilung zur Erfüllung des jeweiligen Übungsvorhaben, erfolgt insbesondere bei der Reserve, oftmals unabhängig vom Dienstgrad und vielmehr auf Grundlage der Befähigung der Soldaten. Gerade so können zivile Qualifikationen zielführend zum Einsatz gebracht werden. So verwundert es nicht, dass die enge Kameradschaft auch über alle Dienstgradgruppen hinweg gepflegt wird.
Doch nicht nur der Dienstgrad, sondern auch die Herkunft der zusammengezogenen Reservisten ist sehr vielfältig. Das macht für Heinz Cecil den Reiz der Reserve aus. Ob jung oder alt, aus Ost oder West, von der Küste oder aus dem Alpenland, ob Offizier oder Mannschaftssoldat. Es sind die vielen unterschiedlichen und einzigartigen Charaktere, denen er in seiner Zeit bei der Bundeswehr begegnet ist, die für ihn den Reiz des Reservedienstes ausmachen. Es sind für ihn unvergessliche Erlebnisse und dafür ist er sowohl seinen Kameraden als auch der Bundeswehr sehr dankbar. Vor allem für die Kameradschaft quer durch Rang und Republik.
Wir verabschieden uns mit einem kräftigen Anker wirf! Alles Gute dem wohl dienstältesten Stabsunteroffizier.
von Marco Dittmer